▸ Bad Marienberg ist eine Stadt im Wald. Genauer gesagt im Westerwald, einem deutschen Mittelgebirge in Rheinland-Pfalz. Ein Ort mit noch unberührter Natur, Schnee im Winter, einer reichen Artenvielfalt und dem Zauber alter Volkssagen. Seit 2012 machen Bernd Becker und Manfred Peter den Wald erlebbar: Im Kletter- wald Bad Marienberg, unmittelbar unter den Baumkronen, erklingt der Ruf der Wildnis.
Das Setup
Auf insgesamt dreizehn Parcours, unterteilt in acht Schwierigkeitsgrade, warten bis zu 150 Elemente auf Kletteranfänger und Fortgeschrittene. Von der Firma Cambium 2012 erbaut, war der Kletterwald anfangs noch ziemlich sportlich ausgerichtet. Eine Ausnahme bildete das Kinderland „Klettermaxe“, ein Niedrigpar- cours für Kleinkinder ab drei Jahren – damals noch ein absolutes Novum. Wie sich schnell herausstellte, waren die schwierigeren Herausforderungen vielen Gästen zu extrem, so dass sich über die letzten acht Jahre der Fokus immer mehr auf Kinder- und Familienangebote verlagert hat.
Mit ihren knapp 6000 Einwohnern ist die Stadt eigent- lich zu klein für die weitläufige Anlage. Dennoch kom- men bis zu 30.000 Besucher pro Saison. Das Konzept funktioniert durch ein großes Netzwerk an Erlebnisan- bietern. Die ländliche Region ist ein Musterbeispiel für sanften Tourismus. Wildpark, Steigalm und Falknerei sind nur eine kleine Auswahl der Attraktionen in nächs- ter Nähe zum Hochseilgarten. Allein der benachbarte Wildpark zieht bei gutem Wetter bis zu 5000 Besucher an. Viele Familien verbinden auf ihrem Ausflug das Kletterabenteuer mit einem anschließenden Spazier- gang durch die Parkanlage. Die Vielzahl an Freizeitan- geboten belebt also das Geschäft.
Heute dürfen Kinder mit dem Smart Belay Sicherheits- system ab sechs Jahren und einer Greifhöhe von 1,60 Meter in Begleitung eines Erwachsenen in sieben Par- cours klettern. Ab neun Jahren geht das Ganze auch eigenverantwortlich. Drei weitere Parcours sind erst ab zehn Jahren und die zwei schwarzen Parcours (höchster Schwierigkeitsgrad), „Eiger Nordwand“ und „Ninja“, so- gar erst ab zwölf Jahren und einer Greifhöhe von 1,80 Metern begehbar.
Besonders der „Ninja“-Parcours ist nichts für schwa- che Nerven. In zwölf Metern Höhe gilt er für viele als unüberwindbar. Gespickt mit „Ninja-balls“, an denen sich die Mutigen von Ball zu Ball hangeln müssen, und zwei integrierten Ablass-Elementen, zwingt die Strecke selbst die Furchtlosen oft zum Umkehren. Der Kletter- wald bietet damit eine Grenzerfahrung, die auch beim nochsovielten Durchlauf nicht ihren Reiz verliert.
Höhenangst
Generation-Internet beschäftigt / vergnügt sich im Durchschnitt allerdings lieber mit einfacheren Übun- gen . Nach Angaben der Trainer sind etwa 65 Prozent
der Kinder und Jugendlichen nicht in der Lage, anstren- gende Elemente zu meistern. Die meisten trauen sich einfach nicht. Deshalb wurde die Anlage schon früh um den Parcours „Mutmacher“ erweitert. Zehn Elemen- te in ca. drei bis vier Metern Höhe sollen durch festen Halt für Hände und Füße Sicherheit geben und zugleich spielerisch die Risikobereitschaft steigern.
Alle fünf festen Mitarbeiter des Kletterwaldes sind aus- gebildet in NLP (Neuro-Linguistisches Programmieren) und unterstützen die Gäste gezielt dabei, ihrer Angst zu begegnen, sich zu motivieren und Vertrauen in sich selbst zu gewinnen.
Wer sich noch nicht ans Karabinerein- und -ausklicken wagt, kann auf zwei Parcours ausweichen, die durch- gehend mit Ropeglidern ausgestattet sind. Und für die ganz Ängstlichen bleibt noch ein entspanntes Beob- achten aus der Fernezum Beispiel von der hauseigenen Gastronomie aus.
In der Pandemie
Unter normalen Umständen werden 40 Prozent der Ein- nahmen durch Schulklassen und Gruppen eingenom- men. Dieses Jahr musste der Betrieb aufgrund der Co- rona-Pandemie komplett umstrukturiert werden. Doch
obwohl keine größeren Gruppen empfangen werden durften, stieg in den Ferien die Anzahl der Besucher im Vergleich zu den Vorjahren um 30 Prozent, so dass die verkürzte Saison trotz Einschränkungen überraschend erfolgreich war.
Die Betreiber erkennen darin einen Trend: Der inner- deutsche Tourismus wird immer beliebter und Kletter- wälder werden zunehmend als (ent-)spannende Frei- zeitaktivität wahrgenommen.
(K)eine Zukunft?
Die größte Herausforderung für die Zukunft des Wal- des ist der Klimawandel mit all seinen Konsequenzen. Ein Teil des Hochseilgartens besteht aus Eschen, deren Fortbestand vom Eschentriebsterben stark bedroht ist. Auch der Eichenprozessionsspinner stellt eine reale Ge- fahr dar. Gemeinsam mit der Cambium GmbH wurden bereits nachhaltige Ersatzkonstruktionen für Totbäume errichtet. Drei erkrankte Bäume im Kinderland mussten weichen und wurden durch einen sogenannten Drei- zack ersetzt. Damit kein Beton in den Waldboden ge- gossen werden musste, wurde ein Schraubfundament in der Erde verankert. Solche und ähnliche Maßnahmen werden in den nächsten Jahren immer häufiger auf die Betreiber zukommen.
Schön, schöner, Natur
Der Kletterwald Bad Marienberg besticht durch eine einzigartige Kombination aus extrem und extrem simpel. Hier ist für jeden etwas dabei: ein Park für Angsthasen, Kletterhörnchen und die Profis von Morgen.
Aber das schönste ist die spürbare Liebe zur Natur. Der lichtdurchflutete Laubwald wird so behutsam wie möglich genutzt. An die Bäume wird nur etwas angeklemmt, nicht geschraubt, die Wege sind akribisch abgegrenzt, damit der Bodenbewuchs heile bleibt, und wenn ein Vogel in den Bäumen brütet, wird auch mal ein Element gesperrt. Der Ort ist so naturbelassen, dass sogar ein Eichhörnchen in der Anlage lebt und nach Feierabend oft ein Hirsch vorbeischaut: „Wenn wir abends da sitzen und das Leben zurückkommt, dann wird die Natur laut.“
Infos und Kontakt:
Kletterwald Bad Marienberg GmbH
Wildparkstraße 17a
Büro: Gartenstraße 45
56470 Bad Marienberg
Tel.: 02661 980 88 36
Infos und Kontakt:
Betreiber: Kletterwald Bad Marienberg GmbH
Geschäftsführer: Bernd Becker, Manfred Peter
Erbauer: Cambium GmbH
Anzahl der Parcours: 13
Anzahl der Elemente: ca. 150
Sicherungssystem: Smart Belay, zwei Parcours mit Ropeglidern
Gurte: Edelrid
Helme: Edelrid
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