▸ Auf dem Klettersteig-Hausbachfall wandern nicht nur Freunde des Klettersports, sondern vor allem die Blicke. Inmitten der herrlichsten Landschaftsidylle führen felsige Steige und eiserne Leitern über eine fantastische Schlucht. Fantastisch, weil dieses traumhafte Postkartenmotiv aus blühender Natur und rauschendem Wasserfall wie nicht aus dieser Welt wirkt: ein Eldorado für Naturliebhaber.
Genusskletterer aufgepasst: Die Tour am Hausbachfall ist ein Outdoor-Highlight. Der 400 Meter lange Klettersteig liegt in unmittelbarer Nähe des Ortszentrums von Reit im Winkl in den Chiemgauer Alpen. Die im Frühjahr 2013 eröffnete, mittelschwere Route ist hochmodern und der erste TÜV- geprüfte Via Ferrata Deutschlands. Die Strecke verläuft über steilen Fels und Hängebrücken, über Biotopflächen mit Schneeheide, Kiefernwald, Blaugras-Rasen, Felsbaldrian und Silberwurz, bis hinauf zum Wasserfall.
Beschaffenheit
Der Via Ferrata ist mit viel Eisen und Stahlseil durchgehend gesichert. Allerdings sind nur wenige Tritthilfen verbaut, so dass natürliche Tritte oder die Reibung genutzt werden müssen. Der Felskontakt macht einen besonderen Reiz der Route aus, setzt aber auch ein wenig Klettererfahrung voraus. Für blutige Anfänger ist die Strecke ohne Guide nicht geeignet. Gemäß der TÜV-Vorgabe sind alle Materialien in einem erstklassigen Zustand.
Material
Der Klettersteig darf nur mit geeigneter Ausrüstung begangen werden. Ihr braucht also eure komplette Klettersteigausrüstung (Gurt, Klettersteigset, Helm, Handschuhe). Wer keine eigene Ausstattung hat, bekommt das nötige Material im Ort beim Verleih Sport Dorner.
Anfahrt
Bei eurem kleinen Road Trip fahrt ihr auf der A8 bis nach Bernau am Chiemsee. Von dort folgt ihr der B305 nach Marquartstein und durch das Tal südlich bis nach Reit im Winkl. Alternativ könnt ihr auch die Zufahrt von Ruhpolding oder Kössen (B172) aus nehmen. Im Ort angekommen parkt ihr am besten beim Festsaal in der Tiroler Straße. In Reit im Winkl sind alle Parkplätze gebührenpflichtig – ihr könnt euch also die mühsame Suche nach einem Gratis-Parkplatz sparen. Zu Fuß geht es dann an der Kirche und dem Barfußpark vorbei. In knapp 15 Minuten erreicht ihr den ausgeschilderten Klettersteig.
Startpunkt
Die Gegebenheiten für den Aufstieg sind die denkbar Besten: Der Zustieg ist ziemlich kurz, liegt praktisch direkt am Ortsrand von Reit im Winkl und ist dadurch sehr angenehm. Bei der Infotafel zum Klettersteig nehmt ihr einfach die rechte Weggabelung. Direkt nach einer Brücke über die Klamm zweigt ihr auf einen schmalen Steig ab, der euch steil hinaufführt. Nur wenige Schritte weiter markiert eine Leiter den Einstieg.
Verlauf (B/C)
Schon direkt an den Anfang haben die Erbauer eine Schlüsselstelle gesetzt – und das aus gutem Grund. Routen, die harmlos beginnen und erst im späteren Verlauf richtig fordernd werden, verleiten besonders Anfänger gerne zur Selbstüberschätzung. Die Folge ist, dass Kondition und Kraft bereits nachlassen während die Anforderung steigt. Außerdem gibt die kurze Passage mit dem Schwierigkeitsgrad C einen Vorgeschmack auf zwei weitere knifflige Stellen im Laufe des Steigs. Ohne jegliche Klettersteigerfahrung sollte die Strecke nicht begangen werden. Wer hier ein Problem hat, kann jetzt noch umkehren. Von einem örtlichen Veranstalter werden aber auch regelmäßig Führungen für Anfänger angeboten.
Das erste Hindernis überwunden, beginnt die lange Querung durch die Schluchtwand. Der mittelschwere Via Ferrata steigt dabei immer wieder leicht an, lässt einen aber nie mehr als 30 Meter Luft unter den Füßen. Vor der nächsten anspruchsvollen C-Stelle müssen drei Holzstege überquert werden. Beim letzten Steg ist das Seil sehr tief angebracht – größere Personen müssen sich etwas klein machen und ins Seil hängen. Danach geht es ziemlich knackig steil hinauf. Die folgenden Querungen sind vorwiegend im B-Gelände. Nach einer Seilbrücke und weiteren Teilstücken über Nebenarme des Hausbachs, führt dann die letzte schwierige Stelle den eindrucksvollen Wasserfall empor. Insgesamt dauert die Tour etwas 1,5 Stunden.
Abstieg
Hinter einer Baumstammbrücke über den Bach beginnt auf der gegenüberliegenden Schluchtseite der malerische Abstiegsweg zurück ins Tal. Fast der gesamte Klettersteig kann von hieraus eingesehen werden.
Fazit
Kletterlust beschreibt die Lust am Klettern, den inneren Antrieb, sich die Berge und die Welt abseits oder auch nahe der Heimat zu erschließen. Der Klettersteig Hausbachfall ist für alle, die diese Lust verspüren, die der Großstadt-Hektik und dem digitalen Alltag entkommen wollen: Hier wird Natur gelebt. Jeder Via Ferrata führt Bergsteiger in Regionen, die dem Wanderer unentdeckt bleiben. Bei der Route im Chiemgau ist der Effekt spektakulär. Mitten in einer atemberaubenden Landschaft gelegen, erhaltet ihr auf den Höhen der Klamm völlig neue Ein- und Ausblicke. Der Steig eignet sich optimal für die einsamen Wölfe unter uns. Wer weniger Adrenalinkick als das Gefühl von Walden sucht, kann hier die perfekte Individualerfahrung machen. Für Kinder, Jugendliche und kleine Erwachsene liegt die Kletterschwierigkeit zwischen C und D. Stellenweise verläuft das Stahlseil sehr hoch, so dass kleinere Personen sehr viel Kraft und Ausdauer aufbringen müssen. Familien sollten also schon Klettererfahrungen haben und eventuell eine geführte Tour buchen.
Tipps
Nehmt euch genügend Zeit für euren Ausflug in die Chiemgauer Alpen. Die Landschaft rund um den Klettersteig Hausbachfall ist nämlich nicht nur ein Naturerlebnis der besonderen Art, sondern bietet auf liebevoll angelegten Wanderwegen und dem eindrucksvollen Gelände viele Erkundungsmöglichkeiten. Am Beginn der Tour findet ihr zum Beispiel einen Barfußpark. Wer sich darauf einlässt, kann hier in tiefster Ruhe den (Haut-)Kontakt mit der Natur aufnehmen. Da die Kletterpartie doch recht kurz ist, empfehlen wir für alle die noch mehr erleben möchten, die etwa einstündige Wanderung zum Hausberg. Der Wanderweg ist vom Ausstieg aus ideal zu erreichen und beim Wetterkreuz angekommen werdet ihr mit einem einzigartigen Ausblick belohnt. Falls ihr die Rundtour über den Berg machen möchtet, solltet ihr inklusive Klettersteig ca. drei Stunden einplanen. Bei Nässe sollte der Hausbachfall-Klettersteig übrigens gemieden werden. Insbesondere der Wasserfall, der sich im oberen Teil der Route befindet, schwillt bei Regen stark an. Der Wasseranstieg ist für Kletterer zwar nicht gefährlich, kann aber ziemlich unangenehm werden.