Am „Hausberg“ von Lecco am Comer See gilt es 775 Höhenmeter zu überwinden. 200 davon führen über Leitern – insgesamt 22 Stück, die teils senkrecht nach oben ragen. Nach unten schauen dürfte dabei nicht für jeden etwas sein.

Die Region um den Comer See in der Lombardei bietet zahlreiche Klettersteige. Der Via ferrata Gamma al Pizzo d’Erna soll einer der meist begangenen sein, womöglich wegen seiner schnellen Zugänglichkeit. Oder weil er sich in Kombination mit einer Seilbahntalfahrt auch als vergnüglicher Halbtagesausflug eignet. Oder weil sportliche Gemüter an ihn noch den Via ferrata Gamma al Dente del Resegone anhängen können, einen extrem kühnen und luftig angelegten Klettersteig, der über Wände und Türme zum Nordgipfel des Resegone führt. Oder einfach, weil das Klettern – nicht nur über Leitern, sondern oft genug auch am sehr griffigen Fels mit Sicherung an Ketten – hier einfach Spaß macht und die Mühe mit einer phantastischen Aussicht belohnt wird.

Beschaffenheit

Der Klettersteig ist in einem sehr guten Zustand. Die Leitern sind alle top in Schuss, der Fels griffig. Wo nötig, sind Ketten zur Sicherung angebracht oder Trittstifte in den Fels geschlagen.

Material

Ihr benötigt das obligatorische Set: Gurt, Klettersteigset und Helm. Eine Seilrolle könnt Ihr getrost unten lassen. Wie immer empfehlen wir, auch eine kurze Bandschlinge mitzuführen; gerade bei der langen Kletterei an den Leitern kann es Sinn machen, die Arme zwischendurch zu entlasten.

Anfahrt

Ausgangspunkt ist der Parkplatz der Seilbahn, die auf den Pizzo d’Erna führt (Resegoneseseilbahn). Um hierhin zu kommen, fahrt Ihr vom Zentrum von Lecco aus zunächst Richtung „Valsassina“. Die Straße führt anfangs leicht bergan, bevor sie steiler wird, haltet Ihr Euch rechts. Nach wenigen 100 Metern biegt Ihr – bei einem Hinweisschild, das die Seilbahn anzeigt – links ab. Von hier bringt Euch eine Serpentinenstraße zur Talstation (603 m) der Resegoneseilbahn.

Madonna läd zum verschnaufen ein. Aufhören oder weiter klettern?

Startpunkt

Vom Parkplatz aus folgt Ihr zunächst dem Weg Nr. 1 Richtung Cappanna Stoppani. Nach etwa 30 Minuten zweigt links der Weg zum Via ferrata ab.

Verlauf (eher schwierig D)

Der Einstieg in den Klettersteig hat es in sich. Über den „nackten“ Fels müssen geschickt Tritte und Griffe gefunden werden, um sich die ersten Meter in die Höhe zu begeben. Und das an einer durchaus steilen Wand. Hier ist Klettererfahrung hilfreich. Gleichzeitig zeigt sich bereits, für wen der Via ferrata wohl nicht geeignet sein dürfte: kleinere Kinder dürften es eher sehr schwer haben, hier hinauf zu kommen.

Hat man diese erste Hürde überwunden, geht es im ersten Drittel vor allem viel senkrecht nach oben, allerdings ist dies durch die Absicherung an Ketten und über die vielen Leitern gut machbar. Nicht zu unterschätzen ist jedoch die Ausgesetztheit auf den Leitern. Wer damit Probleme hat, sollte sich im Vorfeld gut überlegen, ob er den Via ferrata begeht.

Das Drittel endet an einer Madonna. Hier zweigt nach rechts ein Notabstieg ab. Wer bereits hier konditionelle Probleme hat, sollte diesen wählen, denn insbesondere bei warmen Wetter sind die weiteren zwei Drittel nicht zu unterschätzen.

Auch das Redaktionsteam der oben musste im Mai diesen Ausstieg wählen, was aber weder mit Problemen mit der Ausgesetztheit noch konditionellen Bedenken zu tun hatte, sondern schlichtweg dem Umstand geschuldet war, dass wir viel zu spät aufgebrochen waren. Eine Rückkehr zu Talstation im Hellen wäre nicht mehr möglich gewesen, wenn wir den Via ferrata bis zum Ende weiter gegangen waren. Daher entspricht die weitere Beschreibung des Klettersteigs nicht unseren eigenen Erfahrungen, sondern externen Informationen.

Auch im weiteren Verlauf müssen etliche Höhenmeter über zahlreiche Leitern überwunden werden. Diese sollen jedoch weniger ausgesetzt und mehr an den Fels geneigt sein. Tiefblicke in den Abgrund werden daher wohl eher seltener. Spektakuläre Kletterelemente sucht man vergeblich. Lediglich eine kurze Zwei-Seil-Brücke soll es geben, die man aber auch umgehen kann. Im oberen Drittel ist eine Gitterrostbrücke zu queren, die wohl aber mehr als Fotomotiv als zum Nervenkitzel dient. Der Via ferrata endet nahe der Bergstation der Seilbahn.

Dauer ca. 2,5 Stunden

Abstieg

Verschiedene, gut ausgeschilderte (Wander-) Wege führen wieder hinab zur Talstation. Mindestens anderthalb Stunden sollten hierfür aber eingeplant werden.

Wer keine Lust zum Laufen hat, nimmt einfach die Seilbahn.

Fazit

Wer Leitern mag ist hier goldrichtig. Das Klettern direkt am Fels erfordert zumindest ein wenig Klettererfahrung, die Absicherung über die Kette macht es aber einfacher. Für absolute Anfänger eher nicht zu empfehlen, ebenso wenig für jüngere Kinder. Die Tour liegt fast durchgängig in der Sonne, sodass sich eine Begehung eher im Frühjahr und im Herbst anbietet. Es empfiehlt sich auf jeden Fall, ausreichend Wasser mitzunehmen. Die Länge insgesamt ist nicht zu unterschätzen. Auch als kurze Variante bis zum Notausstieg nach einem Drittel und herrlicher Wanderung hinab ist der Klettersteig empfehlenswert.

Tipps

Unbedingt einplanen solltet Ihr einen Aufenthalt in Lecco am Ufer des Comer Sees. Die Stadt verspricht, das angeblich schönste Panorama am Comer See zu haben. Hier verlässt der Fluss Adda den Lario und bildet den Lago di Garlate (Garlate See) der rings herum von felsigen Bergen mit bizarren Formen umgeben ist: Resegone, Due Mani, S. Martino und – am anderen Ufer des Sees – der Moregallo. Diese haben durchaus alpinistische Bedeutung und bieten hervorragend ausgestatteten Bergrouten.

Ob in Lecco oder an einem der anderen Orte: Der Comer See bietet zahlreiche Freizeitaktivitäten: Für Kletterer finden sich etliche Sektionen in allen Schwierigkeitsgraden und neben dem hier beschriebenen noch weitere Klettersteige. Wanderer und Bergsteiger kommen ebenso auf ihre Kosten wie Wassersportler und Mountainbiker. Neben all den Möglichkeiten, sich ausgiebig in der Natur zu bewegen, sollte jedoch eines unbedingt nicht zu kurz kommen: la dolce vita! Die Italiener wissen wie das geht, und so laden die zahlreichen schmucken Orte rund um den Comer See dazu ein, es ihnen nach zu eifern.