▸ Was haben der Aachener Dom, der Dom zu Speyer und der Kölner Dom gemeinsam? Sie alle sind Weltkulturerbe der UNESCO, und sie alle stehen – selbst noch so ambitionierten – Kletterern nicht zur Verfügung. Anders das Chaos de Montpellier-le-Vieux, eine Felsformation im französischen Département Aveyron auf dem Hochplateau des Causse Noir. Das Felsenmeer ist trotz seines Status als Weltkulturerbe mit Hand und Fuß begreifbar.
Der Klettersteig befindet sich mitten im sogenannten „Parc de Loisirs Nature de Montpellier-le-Vieux“, der Erkundungsmöglichkeiten zu Fuß, mit einem kleinen Zug oder eben kletternd bietet. So kann sich jeder nach seinem Geschmack mit der eindrucksvollen Landschaft des Felsenmeeres an der Schlucht der Doubiers vertraut machen. Da der Via ferrata dem entsprechend Teil des touristischen Programms ist, könnt Ihr ihn nur gegen Entgelt und nur nach vorheriger Anmeldung begehen. Es wird immer in Gruppen und mit einem Guide geklettert. Eine eigenständige Begehung ist nicht möglich.
Beschaffenheit
Der Via ferrata bietet, wie in Frankreich üblich, viel griffiges Eisen. Dennoch ist an der einen oder anderen Stelle auch Felskontakt vorgesehen. Alle Materialien sind in einem erstklassigen Zustand.
Material
Ihr benötigt kein Material: die gesamte Ausstattung, Klettersteigset, Seilrolle und Helm – alles von Petzl – wird Euch zur Verfügung gestellt. Dafür müsst Ihr eine Sicherheitseinweisung – auf Französisch – über Euch ergehen lassen.
Anfahrt
Montpellier-le-Vieux befindet sich nordöstlich von Millau. Von dort kommend nehmt Ihr die D 110 bis La Roque-Sainte-Marguerite. Dann biegt Ihr rechts ab auf die „Avenue de la République“. Im Kreisverkehr nehmt Ihr die dritte Ausfahrt, fahrt dann immer geradeaus bis zum nächsten Kreisverkehr, wo Ihr wieder die dritte Ausfahrt nehmt. Am nächsten Kreisverkehr ist dieses Mal die zweite Ausfahrt die Richtige, dann braucht Ihr nur noch der Beschilderung folgen. Geparkt wird auf dem Gelände. Um dort hinauf zu kommen, müsst Ihr Eintritt zahlen (im Jahr 2016: 6,80 Euro pro Erwachsenem). Die Strecke ist etwas kurvenreich. Wem das zu viel ist, kann eine längere, aber sanftere Variante über die D 809 wählen.
Startpunkt
Falls Ihr das nicht bereits online getan habt, könnt Ihr Euch in dem zentral am Parkplatz liegenden Anmeldehäuschen für den Via ferrata anmelden. Treffpunkt ist dann kurz vor Eurer reservierten Zeit bei dem Anmeldehäuschen. Dort erhaltet Ihr zunächst die Ausrüstung und werdet einem Guide zugeteilt. Mit einer kleineren Wanderung über das Gelände führt Euch dieser dann zum Einstieg in den Via ferrata.
Verlauf (leicht, C/D)
Es gibt mehrere Einstiege auf dem Gelände, so dass im Vorfeld nicht klar ist, welchen Teil des Via ferrata Ihr begehen werdet. Im Internet hatten wir gelesen, es gebe eine zumindest teilweise unterirdische Variante. In einen solchen Genuss sind wir vor Ort dann leider nicht gekommen.
Unser Klettersteig startete bereits in beträchtlicher Höhe und begann ganz sanft mit einer langen Querung, bei der man herrliche Ausblicke über das Gelände genießen konnte. Die Querung führte schnurstracks zu der ersten Tyrolienne. Davon gibt es insgesamt vier Stück im Verlauf des Klettersteigs – 30, 50, 90 und sage und schreibe 200 Meter lang. Sicherlich neben der stetigen atemberaubenden Aussicht ein echtes Highlight des Via ferrata – aber allesamt nichts für schwache Nerven.
Wenn man die erste Tyrolienne überwunden hat, folgen mehrere Seilelemente, über die man – durchaus in beträchtlicher Höhe – balancieren darf. Dann durchklettert man einen engen Kamin. Vorsicht! Wer einen gut gefüllten Rucksack dabei hat, läuft Gefahr, stecken zu bleiben. Es folgt ein ständiges Auf und Ab, gelegentlich auch mal im leichten Überhang, immer wieder angereichert mit klassischen Elementen, wie Seilbrücken oder Balken, und stets unterbrochen mit einer Seilrutsche. Mit der 200-Meter-Variante endet der Via ferrata schließlich wieder auf dem Boden.
Unser Via ferrata lag in der gesamten Zeit in der prallen Sonne. Sonnenschutz und ausreichend Getränke sind daher ein Muss. Die Route ist auch für Anfänger gut geeignet. Nur Scheu vor Seilrutschen sollte man nicht haben. Der Via ferrata ist erst für Personen ab 12 Jahre begehbar.
Dauer dieses Klettersteigs ca. 2 Std.
Acro Rock (für Kinder von 7 bis 11 Jahre)
Der Park bietet auch eine Kletter-Variante speziell für jüngere Kinder und Familien an, genannt „Acro Rock“. Das Besondere hieran: die Betreiber haben hier im Jahr 2015 auf das durchgängige Sicherungssystem von Click-it umgestellt. So können die Jüngsten in den Genuss eines Via ferrata kommen, ohne die Technik eines klassischen Klettersteigsets beherrschen zu müssen. Für Familien, die auch mit jüngeren Kindern nicht auf spektakuläre Ausblicke und abenteuerliche Klettererfahrungen verzichten wollen, eine gelungene Alternative. Der Acro Rock beinhaltet ebenfalls vier Seilrutschen.
Dauer dieses Klettersteigs ca. 2 Std.
Abstieg
Ebenso wie der Einstieg ist auch der Abstieg abhängig davon, welchen Weg über den Fels der Guide mit Euch genommen hat. Da Ihr aber bis zum Anmeldehäuschen zurück begleitet werdet, wo Eure Ausrüstung wieder in Empfang genommen wird, besteht keine Gefahr, dass Ihr Euch verlauft.
Fazit
Bei dem Klettersteig „Montpellier-le-Vieux“ macht Ihr keine Individualerfahrungen, Ihr solltet daher im Vorfeld gut darüber nachdenken, ob Ihr „gruppentauglich“ seid. Der Via ferrata lohnt sich dennoch. Er liegt mitten in einer atemberaubenden Natur, auf die Ihr vom Fels auch nochmals völlig neue Ein- und Ausblicke erhalten als von den Wanderwegen auf dem Gelände. Und außerdem: Wie oft hat man wohl die Gelegenheit, ein Weltkulturerbe der UNESCO so hautnah zu begreifen? Für Familien ist der Klettersteig sehr gut geeignet, da er wenig Kraft und nur mäßig Ausdauer abverlangt. Für Familien mit jüngeren Kindern ist der Acro Rock eine wahre Alternative.
Tipps
Nehmt Euch auf jeden Fall einen ganzen Tag Zeit für einen Ausflug zum Parc de Loisirs Nature de Montpellier-le-Vieux. Das Felsenmeer umfasst insgesamt eine Fläche von 120 Hektar und ist ein Naturerlebnis der besonderen Art. Das Gelände bietet liebevoll angelegte Wanderwege, allesamt Rundwege, auf denen man die außergewöhnlichen Felsformationen bewundern kann. Auch mehrsprachige Erklärungstafeln finden sich immer mal wieder am Wegesrand, so dass man allerlei Wissenswertes über die Zisterne, die Kanzlei des Teufels oder die dunkle Höhle erfahren kann. Markante Aussichtsplattformen eröffnen einen Blick in die Schlucht der Doubiers, ein Fluss, der bei Millau in den Tarn fließt. Ihr habt die Wahl zwischen einem kurzen Rundweg von nur 30 Minuten bis hin zu der längsten Variante von drei Stunden. Alle Wege sind leicht begehbar und größtenteils im Schatten gehalten.
Wem das dennoch zu viel zu Fuß ist, der hat auch die Möglichkeit, eine Rundfahrt mit einem kleinen Zug zu buchen. Dieser hält an markanten Stellen, zum Beispiel den Aussichtsplattformen, so dass man hier aussteigen und sie besichtigen kann. Die Rundfahrt dauert 45 Minuten.
Der Name „Montpellier-le-Vieux“ soll übrigens von Hirten stammen, die ihre Herden auf die hochgelegenen Weiden des Causse Noir trieben und die Felsformationen von weitem für eine verfallene Stadt hielten.